Bad Nauheim liegt im Westen Deutschlands, am Fuße des Taunus, inmitten von Obstgärten und Rosenfeldern, und es gibt sogar einen Weinberg. Natürliche Salzquellen in der Region wurden bereits von den Kelten zur Salzgewinnung genutzt. Im 18. Jahrhundert hatten sich die Salinen von Bad Nauheim zu einem der modernsten und größten Unternehmen dieser Art entwickelt. Doch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fing das kleine Salzsiederdorf an, sich in ein Kurbad zu verwandeln, nachdem man die heilende Kraft des Wassers aus den kürzlich gebohrten Quellen erkannt hatte. 1854 wurden Bad Nauheim die Stadtrechte verliehen und 1869 der Titel „Bad“.

Um 1900 war Bad Nauheim – mit tausenden von Gästen – ein international bekanntes Bad geworden. Eine Kur in einem Badeort wurde oft nicht nur aus gesundheitlichen Gründen angetreten, sondern musste auch den Ansprüchen eines internationalen Publikums als gesellschaftliche Begegnungsstätte gerecht werden. Zur Jahrhundertwende erforderten die veränderten hygienischen und ästhetischen Vorstellungen und Erwartungen den Bau neuer Badehäuser. Bad Nauheim gehörte zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Großherzog Ernst Ludwig zu Hessen und bei Rhein war ein fortschrittlicher und sehr kunstsinniger Landesherr. Außerdem war der Großherzog von wirtschaftlichen Überlegungen geleitet, nach dem Motto: “Mein Hessen blühe und in ihm die Kunst“. Die neuen Gebäude in Bad Nauheim sollten das demonstrieren.

Unter der Leitung von Wilhelm Jost, Großherzoglicher Regierungsbauinspektor, wurden die Kureinrichtungen und technischen Anlagen nach einem einheitlichen Plan in den Jahren 1902 bis 1912 neu gebaut.

1901/1902 errichtete Wilhelm Jost als erstes das Inhalatorium in einer kleinen Grünanlage neben einem ebenfalls neuen Gradierbau, der als erster nicht der Salzgewinnung, sondern ausschließlich der Inhalation diente. Das Inhalatorium ist heute Stadtbücherei.

Der Sprudelhof wurde zwischen 1905 und 1911 gebaut, mit 265 Badezellen, gesonderten Baderäumen für Kaiserliche und Königliche Hoheiten und neuen Brunnenfassungen. Mit seinen reich verzierten Badehäusern, Warteräumen und innen liegenden Schmuckhöfen kann sich der Sprudelhof mit den bedeutendsten Zeugnissen des deutschen Jugendstils messen. Die Schmuckhöfe und Wartehallen der sechs Badehäuser sind in unterschiedlicher Weise mit zahlreichen künstlerischen Details ausgestattet. Alle Schmuckelemente an Brunnen und Gebäuden haben einen Bezug zum heilenden Wasser.

Die Trinkkuranlage wurde zwischen 1910 und 1912 gebaut. Die hufeisenförmige Anlage ist geprägt durch Kolonnaden, einen Innenhof, eine Trinkhalle und eine muschelförmige Orchesterbühne mit einem vorgelagerten Wasserbecken. Der Kurbrunnen am Ende der westlichen Kolonnade ist verbunden mit der Trinkhalle, in deren Mittelpunkt ein achteckiger, mit kostbaren Fliesen verkleideter Ausschank mit einer goldenen Kuppel drei verschiedene Heilwässer spendet.

Gleichzeitig wurde das zwischen 1862 und 1864 gebaute Kurhaus erweitert: die Terrasse und der Garten wurden vergrößert, ein Musikpavillon wurde angefügt. Eine reich mit abstrakten und figürlichen Jugendstilmalereien verzierte Konzerthalle wurde gebaut, die später zu einem Theater umfunktioniert wurde, das, nach einem Brand 1980 detailgetreu wieder aufgebaut, auch heute noch existiert.

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Wilhelm Jost architect 1874-1944
Prof. Heinrich Jobst sculptor 1847-1943
Jakob Julius Scharvogel ceramicist 1854-1938
Prof. Augusto Varnesi goldsmith 1864-1941
Karl G. Huber sculptor 1872-1952
Fritz Hegenbarth painter 1864-1943
Johann Josef Belz sculptor 1873-1953
Wilhelm Koeppen painter 1876-1917
Friedrich Wilhelm Kleukens painter 1878-1956
Johann Vincenz Cissarz painter, poster designer 1873-1942
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Sarah Hamm and Sabine Kübler Bauen für ein neues Leben
Die Entstehung der Bad Nauheimer Jugendstilanlagen fotografiert von Albert Schmidt 1905-1911, Editions Theiss, 2007, Stuttgart, ISBN 978-3-8062-2161-9.

Wolfgang Schmidt Akt Lyrik Jugendstil, Bad Nauheim
H.A.M. Hölzinger, 2000, ISBN 3-00-006962-3.

Christina Uslular-Thiele Jugendstil in Bad Nauheim
Bad Nauheim, H.A.M. Hölzinger, 2005, ISBN 3-7845-7100-X. In German and English.